Gott schaut auf unser Herz  
 
Schauen wir auf das Hungertuch von Uwe Appold, dann ist der erste nachhaltige Eindruck „Blau“. Und zwar kein eintöniges, sondern ein lebendiges und warmes, von Rottönen durchzogenes Blau. Rot und Blau, But und Wasser in eins, vielleicht Zeichen für den lebenden Menschen ganz allgemein. Er lebt, durchsetzt mit Erde, die der Künstler aus Jerusalem nahm. In dieser Erde fand er zwölf Steine, die sich, wie die zwölf Stämme Israels, auf das Land verteilen. So leben wir, ein Steinchen unter vielen, uns einordnend in ein Gesellschaftssystem, unauffällig.

Dann geschieht Erwählung: Der goldene, leuchtende Kreis fokussiert wie mit einer Lupe einen Teil dieser Erde und nimmt ein unfertiges Haus in den Blick, vielleicht Bild einer noch unfertigen Persönlichkeit, die in dieser Erwählung Profil erhält.

In der ersten Lesung des heutigen, vierten Fastensonntags geschieht die Erwählung Davids: Der jüngste von acht Brüdern hütet unbeachtet die Schafe – doch Gott will ihn, den Unbedeutenden, den Kleinsten: „Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“ (1 Sam 16,7) Gott schaut genau hin. Von da an wird für David alles anders.

Paulus weitet diesen Blick der Erwählung im Epheserbrief auf alle aus, die sich zu Christus bekennen: „Jetzt seid ihr durch den Herrn Licht geworden.“ (Eph 5,8) Und von nun an liegt der Auftrag, Licht zu sein, auf ihren Herzen.

Im heutigen Evangelium nach Johannes gerät der blinde Mensch, der von Kindheit an mit einer Behinderung lebt, also einer von den Rändern, ein Außenseiter, in diesen leuchtend- goldenen Kreis: Erwählung ist immer geschenkt. Jesus bemerkt ihn, er nimmt Erde und Speichel und streicht diesen Teig dem Blinden auf die Augen - und er kann sehen.

„Gib Gott die Ehre“ verlangen die Pharisäer von dem Geheilten und verwechseln in ihrem unbelehrbaren Stolz, dass nicht sie es sind, die göttliche Erwählung um einen Menschen legen. Gott allein erwählt den Menschen aus Blut, Wasser und Erde und macht ihn lebendig.