Liebe Schwestern und Brüder,
wann immer es die Zeit erlaubt, wandere ich von Herzen in den Weinbergen des Ahrtals - fast egal zu welcher Jahreszeit. Jedoch bieten die Monate von August - Oktober ein ganz besonders Bild: die Weinberge leuchten im satten Grün, die Weinstöcke hängen voll von roten und weißen Trauben - ein nahezu idyllisches Bild und ich kann mich kaum satt sehen an eben dieser Schönheit. Und man ahnt wohl kaum, wieviel Arbeit in so einem Weinberg steckt - statistisch gesehen muss jeder Rebstock vom Winzer innerhalb eines Jahres ca. 17-mal besucht werden. Eine wichtige Arbeit ist zum Beispiel das Zurückschneiden der Weinstöcke - alles wird abgeschnitten, was dem gesunden Wachstum entgegensteht und die Lebenskraft mindert. Da haben Gott und wir ja ganz schön was zu tun - im Weinberg unseres Lebens.
Jesus wendet sich mit dem Bild vom Weinstock und den Reben ganz eindeutig an die Menschen, die ihm nachfolgen oder „hinterher stolpern“. Diejenigen, die sich an ihn halten, das sind die Reben. Fast beschwörend fordert er von den Jüngern unbedingte Verbindlichkeit. „Bleibt dran“, nur wenn ihr „dranbleibt“ könnt ihr „Frucht bringen“. Im Johannesevangelium lesen wir: „Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“ (Joh 15,4-5)
Papst Benedikt hat in seiner Predigt im Olympiastadion Berlin
Donnerstag, 22. September 2011 gesagt: Im Gleichnis vom Weinstock sagt Jesus nicht: „Ihr seid der Weinstock“, sondern: „Ich bin der Weinstock – ihr seid die Reben“ (Joh 15,5). Das heißt: „So wie die Rebzweige mit dem Weinstock verbunden sind, so gehört ihr zu mir! Indem ihr aber zu mir gehört, gehört ihr auch zueinander.“ Und dieses Zueinander- und Zu-ihm-Gehören ist nicht irgendein ideales, gedachtes, symbolisches Verhältnis, sondern – fast möchte ich sagen – ein biologisches, ein lebensvolles Zu-Jesus-Christus-Gehören. Das ist die Kirche, diese Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus und füreinander, die durch die Taufe begründet und in der Eucharistie von Mal zu Mal vertieft und verlebendigt wird. „Ich bin der wahre Weinstock“, das heißt doch eigentlich: ‚Ich bin ihr und ihr seid ich‘ – eine unerhörte Identifikation des Herrn mit uns, mit seiner Kirche.“
Das ist mein großer Wusch/Bitte/Sehnsucht: das wir miteinander DRAN BLEIBEN - auf das wir viel mehr als nur wein-selig sind…
Ihr Pastor Norbert Lucht